E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil DEPARTEMENT BAU, VERKEHR UND UMWELT Rechtsabteilung (AG - EBVU 23.100)

Zusammenfassung des Urteils EBVU 23.100: DEPARTEMENT BAU, VERKEHR UND UMWELT Rechtsabteilung

Die Beschwerde gegen das Baugesuch der C. AG für den Rückbau von Wohn- und Nebengebäuden sowie den Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage wurde teilweise gutgeheissen. Die Beschwerdeführenden monierten die ungenügende Zufahrt für das Bauvorhaben. Die Frage der genügenden strassenmässigen Erschliessung wurde eingehend behandelt, wobei die Anforderungen je nach Nutzungszone unterschiedlich sein können. Es wurde festgestellt, dass keine erhebliche Zweckänderung vorliegt und somit keine Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich ist. Der Baustellenverkehr und allfällige bauliche Massnahmen wurden ebenfalls analysiert. Es wurde entschieden, dass die geplanten Bauvorhaben keine Veränderung der Zweckbestimmung der Strasse bewirken.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts EBVU 23.100

Kanton:AG
Fallnummer:EBVU 23.100
Instanz:DEPARTEMENT BAU, VERKEHR UND UMWELT Rechtsabteilung
Abteilung:-
DEPARTEMENT BAU, VERKEHR UND UMWELT Rechtsabteilung Entscheid EBVU 23.100 vom 06.12.2023 (AG)
Datum:06.12.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Grundstück; Parzelle; Miteigentum; Zweck; Wegparzelle; Miteigentums; Erschliessung; Grundstücke; Miteigentümer; Strasse; Zufahrt; Bauparzelle; Grundstücks; Zweckänderung; Beschwerdeführenden; Baute; Grundbuch; Zweckbestimmung; Gebrauch; Massnahmen; Mehrbelastung; Interesse; Wohnungen; Abstellplätze; Hinweis
Rechtsnorm: Art. 646 ZGB ;Art. 647 ZGB ;Art. 647c ZGB ;Art. 648 ZGB ;Art. 739 ZGB ;
Referenz BGE:100 II 105; 100 II 310; 111 II 330; 119 II 157; 122 III 358; 122 III 359; 127 I 103; 130 III 13; 130 III 450; 131 III 359; 139 III 407;
Kommentar:
-, 2. Auflage, 2009

Entscheid des Verwaltungsgerichts EBVU 23.100

EBVU 23.100

BVURA.23.100 ENTSCHEID vom 6. Dezember 2023 A._____ und B._____; Beschwerde gegen den Entscheid des Q._____ vom 24. Januar 2023 betreffend Baugesuch der C._____ AG für Rückbau Wohn- und Nebengebäude, Neubau zwei Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage, Parzelle aaa (Baugesuch x); teilweise Gutheissung, Nichteintreten

Erwägungen 9. Sicherstellung der Erschliessung 9.1 Grundlagen 9.1.1 Baureife Die Beschwerdeführenden monieren, dass für das umstrittene Bauvorhaben keine genügende Zufahrt vorhanden und diese auch rechtlich nicht gesichert sei. Bauten und Anlagen dürfen nur auf baureifen Grundstücken erstellt werden. Baureif ist ein Grundstück, wenn es nach Lage, Form und Beschaffenheit für die Überbauung geeignet und erschlossen ist, das heisst, wenn unter anderem eine Zufahrt ein Zugang, die dem Zweck der Nutzung genügen, vorhanden sind mit der Baute Anlage erstellt werden (vgl. Art. 22 Abs. 2 lit. RPG, Art. 19 Abs. 1 RPG und § 32 Abs. 1 lit. b BauG sowie BGE 127 I 103, E. 7d, S. 110 f.). Das Erfordernis der genügenden strassenmässigen Erschliessung soll den Anschluss der Baute an das öffentliche Strassennetz unter verkehrs-, feuer-, sicherheits-, und gesundheitspolizeilichen sowie raumplanerischen Gesichtspunkten sicherstellen (AGVE 2009, S. 159; 1999, S. 202 mit Hinweisen; ERICH ZIMMERLIN, Baugesetz des Kantons Aargau, Kommentar, 2. Auflage, Aarau 1985, § 156 N 8a; CHRISTIAN HÄUPTLI, in: Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, Bern 2013, § 32 N 23). Vor diesem Hintergrund hat die Zufahrt den Benutzern der Baute und den Fahrzeugen der öffentlichen Dienste ein sicherer, ungehinderter Zugang bis zum Baugrundstück zu gewährleisten. Richtschnur für die Beurteilung, ob eine Zufahrt genügend ist, bildet der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, wobei die Anforderungen an die Zufahrt je nach Nutzungszone unterschiedlich sein können (AGVE 2009, S. 159 und S. 448 f.; CHRISTIAN HÄUPTLI, a.a.O., § 32 N 22 ff.). Eine Zufahrt beziehungsweise ein Zugang muss spätestens im Zeitpunkt der Realisierung des Bauvorhabens im technisch notwendigen Umfang tatsächlich und ausserdem rechtlich gewährleistet sein (BGE 127 I 103, E. 7d; 136 III 130, E. 3.3.2, S. 136; BGer 1C_471/2020 vom 19. Mai 2021, E. 3.1; 1C_245/2014 vom 10. November 2014, E. 4; 1C_376/2007 vom 31. März 2008, E. 4.4; AGVE 1986, S. 248; VGE vom 9. Dezember 2015 [WBE.2015.289], S. 6). Es ist insofern ausreichend, wenn eine Baubewilligung mit der (aufschiebende bzw. Suspensiv-) Bedingung versehen wird, wonach sie erst mit der Sicherstellung der strassenmässigen Erschliessung rechtswirksam wird (BGer 1C_271/2011 vom 27. September 2011, E. 2.5 mit Hinweisen). (...)

Versand:

9.3 Rechtliche Sicherstellung 9.3.1 Situation Die Bauparzelle aaa sowie diejenige der Beschwerdeführenden (bbb) werden, wie die westlich gelegenen Parzellen ccc, ddd, eee, fff und die östlich und südlich angrenzenden Grundstücke ggg, hhh und iii über die R-Strasse (Parzelle jjj), erschlossen. Entsprechend wird diese Wegparzelle dominiert von den Grundstücken ggg, bbb, aaa, ccc, hhh, ddd, eee, fff (vgl. die entsprechenden Grundbuchauszüge). Im Grundbuch sind keine Unterlagen vorhanden, welche die Verknüpfung der dominierenden Grundstücke mit der dominierten Parzelle näher erläuterten, bzw. den Inhalt Umfang der Nutzung des dominierten Grundstücks durch die dominierenden Grundstücke näher darlegten. Nach übereinstimmender Ansicht der Parteien liegt Miteigentum vor, gemäss Grundbuch sind die Grössen der (Miteigentums-)Anteile unbekannt. Mangels anderer Feststellung besteht folglich Miteigentum zu gleichen Teilen (Art. 646 Abs. 2 ZGB). Es sind die Bestimmungen über das (unselbständige) Miteigentum (vgl. § 646 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 [ZGB; SR 210]) zu beachten. 9.3.2 Zweckänderung nach Art. 648 Abs. 2 ZGB 9.3.2.1 Zweckbestimmung Die Beschwerdeführenden machen geltend, es fehle die notwendige Zustimmung aller Miteigentümer für die von ihnen behauptete Zweckänderung, welche dadurch verursacht werde, dass anstatt wie aktuell ein Wohnhaus, neu zwei Mehrfamilienhäuser auf der Bauparzelle mit insgesamt zehn Wohnungen und damit einhergehendem Mehrverkehr über die Wegparzelle erschlossen werden sollen. Für die Frage, ob eine Zweckänderung vorliegt, ist von der ursprünglichen Zweckbestimmung der Miteigentumsparzelle auszugehen. Die Zweckbestimmung im Sinne von Art. 648 Abs. 2 ZGB meint die Widmung einer Sache und zeigt sich durch deren wirtschaftliche Gebrauchs- und Nutzungsweise. Die zulässigen unzulässigen Gebrauchs- und Nutzungsweisen können in der Gemeinschaftsordnung (Begründungsurkunde, Reglement usw.) ausdrücklich umschrieben sein durch deren Auslegung ermittelt werden. Fehlt es an einer Zweckbestimmung, ist grundsätzlich jede Gebrauchs- und Nutzungsweise zulässig (BGer 5A_632/2011 und 5A_648/2011 vom 8. November 2011, E. 4.1). In casu hatte und hat die Wegparzelle den Zweck, die daran angrenzenden Grundstücke, welche Miteigentum an ihr innehaben,

zu erschliessen, was aus ihren Massen sowie der entsprechenden, jahrelangen Nutzung hervorgeht. Dieser Zweck wird dadurch, dass auf der Bauparzelle künftig mehr Wohnungen bzw. Abstellplätze über die Wegparzelle erschlossen werden sollen, nicht geändert, es bleibt bei der Erschliessungsfunktion der Weg- für die angrenzenden Parzellen. Uneinigkeit herrscht bezüglich der zulässigen Menge des von den angrenzenden Grundstücken aufzunehmenden Verkehrs bzw. der zulässigen Anzahl der über die Wegparzelle zu erschliessenden Wohneinheiten und Abstellplätze. 9.3.2.2 Mass der Nutzung Soweit es mit dem Recht der anderen Miteigentümer verträglich ist, hat jeder Miteigentümer ein Recht auf Gebrauch und Nutzung der Sache (Art. 648 Abs. 1 ZGB). Zur Veränderung der Zweckbestimmung der Sache bedarf es der Übereinstimmung aller Miteigentümer, soweit diese wie in casu nicht einstimmig eine andere Ordnung vereinbart haben (Abs. 2). Eine Zweckänderung liegt vor, wenn die wirtschaftliche Gebrauchs- und Nutzungsweise einer Miteigentumssache durch tatsächliche rechtliche Massnahmen in tiefgreifender, einschneidender Weise umgestaltet wird, der Charakter der Liegenschaft verändert die übrigen Miteigentümer im zweckgemässen Gebrauch ihres Anteils gehindert eingeschränkt werden (vgl. BGer 5A_474/2017 vom 8. März 2018, E 3.2.3; 5A_428/2008 vom 19. März 2009 E. 4.5.2; BGE 130 III 450, E. 2.1 S. 455). Der Entscheid muss anhand der konkreten Umstände getroffen werden. Eine völlige Umwandlung des Zwecks ist nicht erforderlich. Es genügt, dass der bisherige Zweck durch tatsächliche rechtliche Massnahmen zu einem nebensächlichen umgestaltet wird.

2 von 6

Bei durch ungemessene Dienstbarkeiten gesicherten Erschliessungen gilt bei Mehrbelastung was folgt (die nachfolgenden Erwägungen zur Thematik der Zweckänderung bei Dienstbarkeiten können entsprechend beigezogen werden für die Frage, ob auch in casu eine Zweckänderung vorliegt, wobei zu beachten ist, dass in der Regel bei einer mittels Dienstbarkeit sichergestellten Erschliessung die Last und die Gunst einseitig verteilt sind, während beim Miteigentum alle Miteigentümer gleichzeitig davon profitieren und damit belastet werden, sodass eine Zweckänderung bei einer Dienstbarkeit folglich eher anzunehmen ist als bei Miteigentum): Die Dienstbarkeit richtet sich nach den Bedürfnissen des berechtigten Grundstücks. Dabei ist dem Dienstbarkeitsbelasteten mit Blick auf Art. 739 ZGB diejenige Mehrbelastung grundsätzlich zumutbar, welche die zweckentsprechende Benützung des belasteten Grundstücks nicht behindert wesentlich mehr als bisher einschränkt. Erst wenn die ­ verglichen mit dem früheren Zustand ­ gesteigerte Inanspruchnahme des belasteten Grundstücks zur Befriedigung der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks eine erhebliche Überschreitung der ungemessenen Dienstbarkeit bedeutet, liegt eine unzumutbare Mehrbelastung vor. Diesfalls muss die Zunahme aber derart stark sein, dass mit Sicherheit angenommen werden kann, sie überschreite die Grenze dessen, was bei der Begründung der Dienstbarkeit vernünftigerweise in Betracht gezogen worden sein könnte (BGE 139 III 407 f.; BGE 131 III 359 mit Hinweisen). Wird bei einer ungemessenen Dienstbarkeit das berechtigte Grundstück stärker benutzt, ohne dass seine Zweckbestimmung geändert wird, ist die dadurch bewirkte Steigerung der Inanspruchnahme des belasteten Grundstücks zulässig. Insbesondere kann eine Vergrösserung Vermehrung der Gebäude auf dem herrschenden Grundstück, die zur Folge hat, dass auf diesem mehr Menschen wohnen und deshalb die Wege stärker begangen befahren werden, im Grundsatz nicht als Überschreitung des Dienstbarkeitsrechts angesehen werden (vgl. BGE 122 III 359 f.; BGer 5A_361/2017 vom 1. März 2018, E. 4.3.3; 5A_602/2012 und 5A_625/2012 vom 21. Dezember 2012, E. 4.3; je mit Hinweisen). Das Verwaltungsgericht ging in einem Fall, bei welchem ein Ersatz eines bestehenden Wohnhauses durch ein Mehrfamilienhaus (mit vier Wohnungen)

im Rahmen der zulässigen Ausnutzung der Bauparzelle erfolgte und mit einer entsprechenden Zunahme der Zu- und Wegfahrten über die belastete Parzelle zu rechnen war, davon aus, dass die Zunahme im Rahmen der bisherigen Zweckbestimmung der Parzelle (Wohnnutzung) erfolgte und die Grenzen dessen, womit bei der Begründung der Dienstbarkeit vernünftigerweise gerechnet werden konnte, nicht überschritt (vgl. VGE vom 9. Dezember 2015 [WBE.2015.289], Erw. 2.3.). In BGE 122 III 358 hat das Bundesgericht was folgt erwogen: "Bei der Beurteilung der Erheblichkeit ist das Interesse des herrschenden und die Belastung des dienenden Grundstückes bei der Begründung der Dienstbarkeit mit der heutigen Interessenlage zu vergleichen (BGE 100 II 105 E. 3c S. 118). Bei dieser Interessenabwägung steht dem Richter Ermessen zu (Liver, a.a.O., N. 32 zu Art. 739 ZGB), dessen Ausübung vom Bundesgericht nur mit Zurückhaltung geprüft wird (BGE 119 II 157 E. 2a S. 159 mit Hinweis). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass das Wohnhaus auf dem berechtigten Grundstück bislang von den Personen zweier Wohnungen bzw. Haushalte bewohnt wurde, welche die Dienstbarkeit beanspruchten. Nach Realisierung des Projektes werden es fünf Wohnungen bzw. Haushalte sein, wovon allerdings drei Wohnungen sehr klein sein werden. Dadurch wird ein vergrösserter Personenkreis zur Benützung der Dienstbarkeit berechtigt sein und es muss mit einer intensiveren Benutzung des Wegrechtes gerechnet werden. Dennoch ist aus verschiedenen Gründen nicht auf eine unzulässige Mehrbelastung zu schliessen. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die heutige Interessenlage der Parteien im Vergleich zu derjenigen im Zeitpunkt der Errichtung der Dienstbarkeit nicht erheblich verändert hat. Dem Interesse des Beklagten an einer besseren Nutzung seiner Liegenschaft - das sich auch mit dem allgemeinen Interesse einer zeitgemässen Bodennutzung deckt - stehen nur geringfügige Auswirkungen auf den Kläger gegenüber, die ihm zugemutet werden können. Der Kläger spricht zwar von einem "erheblichen Mehrverkehr", doch macht er nicht geltend, es sei mit einem intensiven und ständigen Verkehr zu rechnen; vielmehr wird es sich lediglich um einige zusätzliche Fahrbewegungen pro Tag handeln. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Vermehrung der Wohnungszahl zwar eine intensivere

Beanspruchung der Dienstbarkeit erwarten lässt, dass eine solche aber in gewissem Rahmen auch möglich und zu dulden gewesen wäre, wenn die Zahl der Bewohner ohne Umbau zugenommen hätte. Schliesslich war angesichts der offenen Umschreibung des Dienst-

3 von 6

barkeitsinhaltes schon bei der Begründung des "unbedingten Fuss- und Fahrwegrechtes" vernünftigerweise mit einer gewissen Ausdehnung der Beanspruchung der Dienstbarkeit zu rechnen (vgl. TUOR/SCHNYDER/SCHMID, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 11. Auflage, Zürich 1995, S. 785; STEINAUER, a.a.O., Rz. 2299b). Die Rechtsprechung hat denn auch in vergleichbaren Fällen eine unzulässige Mehrbelastung einer Dienstbarkeit stets verneint, wenn durch Umbauten die Anzahl der Benützer steigt und dadurch ein Zugang stärker begangen befahren wird (Urteil des Bundesgerichtes vom 26. Mai 1992, publiziert in SJ 114 [1992] 597 E. 3b S. 601 f., wo es um vier fünf zusätzliche Fahrzeuge ging; ZR 90 [1991] Nr. 21 S. 70 ff., vom Bundesgericht bestätigt im unveröffentlichten Entscheid vom 15. April 1991 i.S. F.Z u. E.W. gegen F.K., in welchem Fall die Erstellung von acht Parkplätzen zu beurteilen war; vgl. auch die umfangreiche ältere Kasuistik in HANS FLEISCHLI, Die Mehrbelastung nach Art. 739 ZGB, Diss. Freiburg 1980, S. 175 ff.). Unter Berücksichtigung der Zurückhaltung, die sich das Bundesgericht bei Ermessensfragen auferlegt, kann im vorliegenden Fall nicht von einer unzulässigen Mehrbeanspruchung der Dienstbarkeit die Rede sein". Gleiches gilt für den vorliegenden Fall, wie die nachstehenden Ausführungen zeigen. 9.3.2.3 Mass des Vorhabens Den Luftbildern der Onlinekarten des Kantons Aargau kann entnommen werden, dass die R-Strasse bis ins Jahr 2001 auf ihrer Nordseite nur drei Einfamilienhäuser (auf der Parzelle ggg, dem Baugrundstück sowie der Parzelle der Beschwerdeführenden) erschlossen hat. 2002 wurde der Schild südwestlich an die Bauparzelle angrenzend bis zur S-Strasse mit Einfamilienhäusern überbaut. Damit einhergehend wurden in der Tiefgarage unter den Parzellen ccc, ddd, eee und fff 12 Abstellplätze erstellt, welche über die R-Strasse erschlossen sind. Dabei wurde die fragliche Strasse bis ans Ende der Parzelle kkk befestigt. Aktuell erschliesst die Strassenparzelle alle Abstellplätze der Einfamilienhäuser der dominierenden Grundstücke (allein die Parzelle hhh weist keine auf). Die neue Tiefgarageneinfahrt in die Bauparzelle soll unmittelbar nach dem asphaltierten Teilstück an die Wegparzelle anschliessen. Mit dem umstrittenen Vorhaben ist vorgesehen, das auf der Bauparzelle bestehende

Einfamilienhaus durch zwei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 10 Wohnungen und 14 Abstellplätzen zu ersetzen. Folglich ist davon auszugehen, dass sich die Anzahl der Fahrbewegungen zwischen der S-Strasse und der Einfahrt in die vorgesehene Tiefgarage (damit auf einer Länge von rund 70 m) entsprechend erhöht und dies bestimmte Auswirkungen mit sich bringt (die Gesamtlänge der R-Strasse beträgt rund 160 m, die letzten rund 60 m dienen ausschliesslich der Erschliessung von 2 Einfamilienhäusern). 9.3.2.4 Fazit Unter den gegebenen Umständen bleiben aus folgenden Gründen keine erheblichen Zweifel daran, dass das umstrittene Bauvorhaben und die damit verbundenen Auswirkungen keine Veränderung der Zweckbestimmung der R-Strasse im Sinne von Art. 648 Abs. 2 ZGB bewirken und ist der entsprechende Einwand der Beschwerdeführenden unbegründet: Es liegt ungemessenes Miteigentum vor und bestehen damit keinerlei Konkretisierungen und damit Einschränkungen. Die grundlegende Funktion der Miteigentumsparzelle, die angrenzenden Parzellen zu erschliessen, bleibt sich gleich. Die Verkehrssteigerung findet nur bis zur Einfahrt in die Bauparzelle statt und damit nur in den ersten rund 70 von insgesamt 160 m. Es geht inkl. den bereits bestehenden Abstellplätzen immer noch um nur rund 30 Parkplätze mit je 3 und folglich insgesamt 90 Fahrten pro Tag. Ein Zufahrtsweg (unterste Stufe der Erschiessungsstrassen) ist mit durchschnittlich 50 Fahrzeugen pro Stunde belastbar, woraus ersichtlich wird, dass in casu nicht mit einem intensiven und ständigen Verkehr zu rechnen ist und folglich auch nicht mit einer erheblichen Erschwerung der Nutzung der Strasse für die Beschwerdeführenden, auch nicht, wenn Handwerker, Lieferanten, Besucher Zügelunternehmen mit teilweise grösseren Fahrzeugen mitberücksichtigt werden, zumal sich die Anzahl derartiger Fahrten erfahrungsgemäss in engen Grenzen hält und diese Bewegungen in der Regel nicht zu den Hauptverkehrszeiten erfolgen. Nach wie vor ist das Kreuzen eines Personenwagens mit einem Fahrrad als für Zufahrtswege relevanter Grundbegegnungsfall gewährleistet und auch das Kreuzen zweier Personenwagen wie bis anhin möglich (vgl. die Ausführungen in Ziff. 9.2). Ausserdem musste bei Begründung des Miteigentums davon ausgegangen werden, dass Mehrverkehr die Erschliessungsstrasse belasten würde, waren 4 von 6

doch dazumal die heutigen Parzellen ccc, ddd, eee und fff noch unbebaut und konnte (und kann weiterhin) nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Parzelle hhh in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen künftig relevanten Personenwagenverkehr auf der R-Strasse generieren würde. Nach Treu und Glauben muss folglich davon ausgegangen werden, die Vertragsparteien hätten mit dem Miteigentum an der Wegparzelle die bestmögliche, künftige Entwicklungen berücksichtigende Erschliessung gewährleisten wollen, was auch aus der Breite der Wegparzelle von 4 m hervorgeht (vgl. BGer 5A_264/2009 vom 4. Juni 2009, E. 3.4 mit Hinweisen). In BGer 5A_714/2021 vom 8. März 2021, E. 4.1, bei welchem es um den Ersatz eines Einfamilienhaus durch ein Mehrfamilienhaus mit 23 bzw. 20 Abstellplätzen ging, wurde denn auch folgendes Festgehalten: "Wird beispielsweise das berechtigte Grundstück dem auch von der Dienstbarkeit abgedeckten Zweck entsprechend weiter überbaut und hat die Vergrösserung Vermehrung der Gebäude auf dem herrschenden Grundstück zur Folge, dass auf diesem mehr Menschen wohnen und deshalb der Weg stärker begangen und befahren wird, ist die darauf zurückzuführende Steigerung der Inanspruchnahme des belasteten Grundstücks zulässig, d.h. sie kann nicht als Überschreitung eines (ungemessenen) Fahrwegrechts angesehen werden." (vgl. auch Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. September 2006 [VB.2006.00181], E. 6.3). Nichts anders kann aus der Grundstücksbeschreibung abgeleitet werden, enthält diese doch allein einen unverbindlichen Beschrieb der bestehenden Situation auf dem Grundstück, unter anderem betreffend die Fläche, bestehende Gebäude und die Bodenbedeckung. 9.3.3 Baustellenverkehr Das Erfordernis genügender rechtlicher Erschliessung gilt auch für den Baustellenverkehr. Das vorliegende Miteigentum an der Wegparzelle bezweckt wie Wegrechtsdienstbarkeiten die hinreichende Erschliessung der dominierenden Grundstücke sowie der sich darauf befindlichen Bauten und Anlagen. Die entsprechende (Be)Nutzung der dominierten Wegparzelle umfasst folglich nach Sinn und Zweck sowie unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der herrschenden Grundstücke realistischerweise auch das Recht an der Baustellenzufahrt im Rahmen der Erstellung entsprechender Vorhaben (vgl. dazu und zum Nachfolgenden:

Zürcher Verwaltungsgericht VB-2006-00181 vom 27. September 2006, Regeste und E. 6.2 ff.). Der Baustellenverkehr verursacht folglich weder eine (unzumutbare) Mehrbelastung noch eine einschneidende Umgestaltung der wirtschaftlichen Gebrauchs- und Nutzungsweise. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat wiederholt eine erhebliche und damit unzulässige Mehrbelastung einer Dienstbarkeit verneint, wenn durch Umbauten die Anzahl der Benützer einer Dienstbarkeit steigt und dadurch der Zugang stärker begangen befahren wird (BGE 122 III 358, E 2c, 131 III 345 E. 4.3.1 S. 358 ff., jeweils mit Hinweisen). Das muss erst recht für die bloss temporär intensivere Nutzung einer Wegrechtsdienstbarkeit durch Baustellenverkehr gelten und kann auch bei vorliegendem Miteigentum an einer Wegparzelle nicht anders sein. Unter den gegebenen Umständen bedarf auch die Nutzung der Wegparzelle für den Baustellenverkehr keiner Zustimmung der Miteigentümer. 9.3.4 Bauliche Massnahmen Ist mit einem Um- Neubau eine Zweckänderung verbunden, beurteilen sich bauliche Massnahmen nach der Spezialregelung von Art. 648 Abs. 2 ZGB (vgl. BGE 111 II 330, E. 2, S. 333; MEIERHAYOZ, Berner Kommentar, N. 16 zu Art. 647c ZGB). Wenn wie in casu eine Zweckänderung verneint wird, ist über allfällige baulichen Massnahmen nach Art. 647c ff. ZGB zu entscheiden. Vorliegend ist davon auszugehen, dass für eine rechtsgenügliche Erschliessung der Bauparzelle und der darauf geplanten Bauten und Anlagen keine relevanten baulichen Massnahmen am Zufahrtsweg bzw. an der Miteigentumsparzelle notwendig werden, auch nicht für den Baustellenverkehr (vgl. Ziff. 9.2.3.2 und 9.2.5.2). Folglich ist in diesem Zusammenhang keine wie auch immer geartete Zustimmung der Miteigentümer nach Art. 647 ff. ZGB notwendig. Trotzdem sei noch auf folgendes hingewiesen: Nach Art. 647a Abs. 1 1. Teilsatz ZGB ist jeder Miteigentümer zu den gewöhnlichen Verwaltungshandlungen befugt. Bei diesen handelt es sich um alle dem Zweck der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienenden Verfügungen, die sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge als notwendig und zweckmässig erweisen, im Wesentlichen den Interessen aller Miteigentümer dienen und

5 von 6

keine besonderen Kosten verursachen. Als gewöhnliche Verwaltungshandlung gilt, was zur Erhaltung der Sache ihres Wertes zur Verhütung von Schäden notwendig zweckmässig erscheint (z.B. nicht besonders kostspielige Instandstellungsarbeiten) und im Rahmen der ordentlichen Betreuung einer Sache vernünftigerweise als selbstverständlich und ohne Weiteres als sachadäquat empfunden werden kann. Gewöhnliche Massnahmen sind nur solche, die gemessen am Sachwert mit eher unbedeutenden Kosten verbunden sind (BGer 5A_175/2019 vom 13. Mai 2020, E. 4.2). Für den Fall, dass der bauliche Zustand des Zufahrtswegs zufolge der gesteigerten Nutzung des Verkehrs der umstrittenen Bauten im Verlaufe der Zeit zufolge des Baustellenverkehrs dazu führen sollte, dass ein Teil des Wegstücks einer gewissen Wiederinstandstellung bedürfte, wäre dies die natürliche Folge der rechtmässigen Nutzung der Wegparzelle durch die Miteigentumsberechtigten und läge dieser Fall nicht anders als jeder andere, bei welchem die Qualität einer Erschliessung durch zulässigen Gebrauch im Laufe der Zeit abnimmt. In casu könnte nach Art. 647a Abs. 1 1. Teilsatz ZGB vorgegangen werden. Allfällige Massnahmen wären zeitlich und räumlich von untergeordneter Natur und würden weder den Nutzungszweck noch das Erscheinungsbild ändern. Auch lägen sie im Interesse aller Eigentümer dominierender Grundstücke (zumal damit eine gute Funktion der Wegparzelle gewahrt würde) und würden keine grösseren Kosten verursachen (insbesondere wenn sie im Rahmen des Bauvorhabens ausgeführt würden). 9.3.5 Verkauf Daraus, dass gegebenenfalls beabsichtigt ist, die Bauparzelle in Stockwerkeinheiten zu teilen sowie die Teile und damit einhergehend die Miteigentumsanteile an der Wegparzelle zu veräussern, können die Beschwerdeführenden nichts zu ihren Gunsten ableiten, zumal der Verkauf bisher nicht stattgefunden hat und auch nicht zwingend stattfinden muss. Ausserdem bedarf es, wenn ein Hauptgrundstück geteilt wird, dann keiner Mitwirkung der übrigen Miteigentümer an einem damit verbundenen, dominierten Grundstück, wenn der bisherige Miteigentumsanteil anteilmässig auf die Teilparzellen übertragen wird (vgl. BGE 130 III 13, E 5.2.7, in welchem das Bundesgericht die Entscheide der Vorinstanzen schützte, in welchen diese feststellten, dass bei der Teilung des

Grundstücks 1610 mit zugehörigem Miteigentumsanteil von ¼ an der Parzelle 1023 in die beiden Grundstücke 1816 und 1817 der Miteigentumsanteil nicht vollständig allein auf das Grundstück 1817 übertragen werden könne und den Grundbuchverwalter anwiesen, den unrechtmässigen Grundbucheintrag zu berichtigen, indem je 1/8 des Miteigentums an der Parzelle 1023 als abhängig von Parzelle 1816 und 1/8 als abhängig von Parzelle 1817 einzutragen sei; vgl. weiter JÜRG SCHMID, Das unselbständige Miteigentum in Theorie und Praxis, in: ZBGR 2005, S. 285 f. E 3.5.7; Grundbuchamt des Kantons Bern, Handbuch für den Verkehr mit den Grundbuchämtern und die Grundbuchführung, Version 35, 2022, Ziff. 3.2.1.2 sowie Art. 646 Abs. 2 ZGB). Auch der BGE 100 II 310 stützt die Ansicht der Beschwerdeführenden nicht, zumal darin zum einen festgehalten ist, dass die Aufteilung der Parzelle 249 mit einem Miteigentumsanteil von 2/6 an der Strassenparzelle 252 in die neuen Parzellen 249 und 294 und die Übertragung eines der beiden Sechstel auf die Parzelle 294 auch ohne die Zustimmung der übrigen Miteigentümer rechtens (E. 3c am Anfang), hingegen die Übertragung des zweiten Sechstels (von der Parzelle 249) auf die Parzelle 250 unzulässig war, auch wenn die Parzelle 250 bereits über einen Miteigentumsanteil von einem Sechstel verfügte, und umso weniger die nachfolgende Übertragung eines Sechstels von der Parzelle 250 auf die bisher am Miteigentum nicht beteiligte Parzelle 248 ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer erlaubt war (vgl. E 3a in fine). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend mangels anderer Feststellung aktuell Miteigentum zu gleichen Teilen besteht (Art. 646 Abs. 2 ZGB). (...)

6 von 6

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.